Das Jugendaufbauwerk in Ellenberg Lager ist auf Antrag der örtlichen Stellen am 20. Juni 1949 gegründet worden. Das Jugendaufbauwerk hatte den Zweck, die jugendlichen Erwerbslosen nach Möglichkeit von der Straße zu holen und im Rahmen gemeinnütziger Arbeiten einzusetzen. Das JAW Ellenberg gehörte zu den Jugendaufbauwerken, die im Sommer 1949 auf Weisung des damaligen Ministeriums für Arbeit, Wissenschaft und Verkehr zur Betreuung der Jugend ins Leben gerufen wurde. Die einzige Rechtsgrundlage hierfür bildeten die "Vorläufigen Richtlinien" der Landesregierung vom 25. August 1949. Das Gesetz über das "Jugendaufbauwerk Schleswig-Holstein" wurde erst am 13. Dezember 1949 beschlossen und zur Veröffentlichung kam es am 18. Januar 1950.
Die Ausführungsbestimmungen zu diesem Gesetz erfolgten erst im März 1950. Die Baracke 73 des Lagers Ellenberg wurde gemietet und für die Jugendlichen als Schlafraum hergerichtet. Zuvor mußte die Fischfabrik aber diese Baracke räumen. Das Arbeitsministerium hatte Betten und eine dazugehörige Ausstattung für 50 Jugendliche zur Verfügung gestellt. Leider ließen die Barackenbauten altersbedingt eine Unterbringung nur "auf Zeit" zu. Die Baracken wurden dem Kreis Eckernförde wegen der hohen fixen Kosten zu teuer. Mit den Schulabgängern des Jahres 1951 wurde am 2. April ein neuer Schlafsaal belegt. Es wurden größere Fenster eingesetzt, um mehr Licht ins Innere zu bekommen. Neben den soliden Möbeln fiel der großen Balkenleuchter mit dem eingeritzten Sinnspruch besonders auf. "Wir heißen Euch hoffen ! und hier heißt hoffen: leben."
Der Gesundheitszustand war nach dem Arzt Dr. Eichner aus Ellenberg sehr zufriedenstellend. Jeder Jugendliche wurde einer Eingangsuntersuchung unterzogen. Es wurde festgestellt, daß einheimische und vertriebene Kinder vom Gesundheitszustand gleichzustellen waren. Der Start des Jugendaufbauwerkes in Ellenberg-Lager fing etwas glanzlos an. Der Buchhalter und Herbergsleiter, Emil Golke, geb. am 16.Mai 1912 in Kaiserslautern, wurde angeklagt, Gelder von August 1949 bis April 1950 unterschlagen und die Buchführung durch falsche Quittungen manipuliert zu haben. In der Anfangszeit konnte das Heim die Verpflegung der Jugendlichen nur durch Gutscheine bei den örtlichen Kaufleuten in Kappeln erwerben, die sie dann mit Gohlke abrechneten. Ihm wurde noch eine mangelhafte Beaufsichtigung der Jugendlichen vorgeworfen, und das Lager wurde durch ihn sehr heruntergewirtschaftet. Hinzu kam noch der steigende Alkoholgenuss. Dies konnte sein Nachfolger, Herr Biniasch, der die Leitung am 24 April 1950 übernahm, bestätigen Unter dem neuen Heimleiter Biniasch reiste eine Gruppe von 30 Jungen aus dem JAW-Ellenberg am 26. Juni 1952 nach List auf Sylt, um dort im Auftrage des schleswig-holsteinischen Sozialministeriums einen neuen Sportplatz zu schaffen.
Der Platz sollte für eine Veranstaltung für das Deutsche Versehrtensportfest am 7. und 8. September hergerichtet werden. Es läßt sich denken, daß die Jungen hellauf begeistert waren, aus dem trüben Lagerleben ausbrechen zu können. Es wurden vier bis fünf Stunden am Tag gearbeitet und den Rest des Tages für eigene Unternehmen genützt. Auf Anregung und Unterstützung der Landesregierung wurde gleich nach Ostern, am 9. April 1953, im JAW ein Grundlehrgang am "Schraubstock" durchgeführt. Die Zahl der Jugendlichen schwankte zwischen 40 und 50 Jungen die zu betreuen waren. Die Jugendlichen hatten in Ellenberg, anders als in anderen Heimen, eine besonders große Freizügigkeit mit dem Ziel, eine eigene Verantwortlichkeit zu erlernen. Besonders diese Kinder kamen aus einem schlechten sozialen Umfeld im Lager. Es gab keine verschlossenen Türen oder eine Hausordnung. Das "Rüstzeug" fürs Leben konnten sie sicher nicht in diesem einen Jahr der Unterbringung erlernen, wohl zeigte man ihnen den Ansatz eines anderen Lebens. Sie kannten bisher ja nur Krieg und Not.
(C) Stadtarchiv Kappeln - H-P Wengel