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  Kappelner Heringstage – wohin fĂ¼hrt der Weg

 


„Die Kappelner Heringstage sind ein Ereignis, das weit Ă¼ber die Landesgrenzen hinausstrahlt und Gäste nach Schleswig-Holstein zieht“, so Ministerpräsident Peter-Harry Carstensen am 5. Mai 2005 bei der Eröffnung der Heringstage in Kappeln. Die Heringstage in Kappeln, so Carstensen, sind eine schöne Verbindung von Tradition und Weltoffenheit.

Heute gehören die Heringstage – wie die Zeitung „Die Welt“ feststellte - sogar zu den 100 grĂ¶ĂŸten Festen weltweit. Die ersten Heringstage, 1979, fingen eher bescheiden an. Es gab ein  Festzelt in Ellenberg und ein paar selbstgebaute Buden auf der Angelner Seite Kappelns. Die Ehefrauen der Veranstalter sorgten fĂ¼r das heute so bekannte Heringsessen. Mangels Resonanz schienen die ersten freilich auch die letzten Heringstage zu sein. Aber - allen Unkenrufen zum Trotz - sollen im nächsten Jahr die 30. Heringstage in Kappeln gefeiert werden.

Damals wie heute gilt die traditionelle Heringswette als einer der Höhepunkte der Heringstage. Prominente und weniger Prominente dĂ¼rfen am Heringszaun das Gewicht des Tagesfanges schätzen. Wer mit seiner Schätzung dem tatsächlichen Fangergebnis am nächsten liegt, wird fĂ¼r ein Jahr Heringskönig oder Heringskönigin. Und wer ist nicht schon alles Heringskönig bzw. –königin gewesen: Heide Simonis, Volker RĂ¼he, Walter Plathe und Peter Harry Carstensen.

Auch das Rahmenprogramm konnte sich in den vergangenen Jahrzehnten  sehen lassen. Frei nach dem Motto: „Vermischtes fĂ¼r jung und alt, zum sehen und hören, zum staunen und miterleben.“ Da gab es neben den traditionellen Aktivitäten wie Schlauchbootrennen, das Open Ship der Marine, das Lok-Trecken, den Fischkutterkorso, StraĂŸentheater, Modenschauen, Zaubereien, Gaukler und Jonglagen auf der StraĂŸe, ein unterhaltsames Kinder- und Familienprogramm und vor allen Dingen ganz viel Musik, wie z.B. Klassik- und Unterhaltungsmusik, Folklore, Chöre, Jazz, Rock, Pop und vieles mehr.

Doch wo ist er hin, der Charme der vergangenen Jahre. Die Heringstage haben sich zu einer „ Bier- und Wurstmeile“ entwickelt. In Gesprächen fallen gar die  bösen Worte von einer „Fress- und Saufmeile“. 

Nichts gegen eine „Fress- und Saufmeile“, denn „Eeten un drinken höllt Liev un Seel tosom" (Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen).  Aber wo finden wir auf den Heringstagen noch den Bezug zum Fisch? Von A wie Aal, B wie Backfisch, C wie Calamaris, D wie Dorsch, Ă¼ber G wie Garnelen, H wie Hering, L wie Lachs und Rotbarsch und Zander und vieles mehr. Das Zauberwort passend zu den Heringstagen könnte heiĂŸen: Kulinarische Köstlichkeiten aus dem Meer, serviert mit einem stimmungsvollen Cocktail aus Klassik, Jazz, Unterhaltungsmusik, Shanties oder Hafenliedern, statt Wurst und Bier und Grölmusik.

Das Fest am Hafen und ich sage bewusst am Hafen scheint wie abgekoppelt von der Innenstadt Kappelns. Vor einigen Jahren, als noch Arnulf Schirmer mit der Programmerstellung und Organisation beauftragt war, lautete die Aussage: „Das schöne Ambiente der Stadt Kappeln bietet die Chance, StraĂŸen, Plätze und den Hafen als attraktive Aktionsfläche einzubeziehen und damit den Besucher „hautnah“ zu unterhalten“. Diese „Miteinbeziehung“ der Innenstadt fehlte m. A. in den vergangenen Jahren.  Den mittelalterlichen Markt auf dem Deekelsenplatz fand man in diesem Jahr eher zufällig. Keine Wegweiser oder Schilder fĂ¼hrten von der FuĂŸgängerzone dorthin.

Wo sind die vielfältigen Aktionen, die frĂ¼her die Innenstadt so besuchenswert machten wie Gaukler, StraĂŸentheater, Streetbands oder Musik- und ZaubervorfĂ¼hrungen auf der BĂ¼hne vor der Buchhandlung Gosch. Das alles gab es doch schon mal. Wie abgeschnitten von dem Geschehen am Hafen wirkt auch die obere SchmiedestraĂŸe.

Ein fester Programmpunkt der Heringstage ist nach wie vor die Proklamation des „Heringskönigs und der Heringskönigin“ im Festzelt am Hafen. Diese Inthronisierung könnte doch beispielsweise auch auf dem Rathausmarkt stattfinden, um nicht nur den Hafen, sondern auch die Innenstadt ein wenig in den Mittelpunkt des Geschehens  zu rĂ¼cken.

Das beim Publikum so beliebte Schlauchbootrennen lässt sich angeblich – seit dem Abzug der Marine – nicht mehr organisieren. Nichts gegen ein Drachenbootrennen auf der Schlei, aber warum mĂ¼ssen die StartgebĂ¼hren pro Boot so hoch sein? Sicherlich ist es fĂ¼r die Marine in Kiel Ă¼berhaupt kein Problem, ausreichend Schlauchboote zu diesem Anlass an die Schlei zu transportieren. Vielleicht hat man es einfach unterlassen, rechtzeitig mit der Marine darĂ¼ber zu reden.  

Eines wird offensichtlich, der Lack beginnt zu blättern. Kommerz stĂ¼lpt sich Ă¼ber Kultur, WĂ¼rstchenbuden verdrängen Fischangebote und die Lautstärke der musikalischen Darbietungen versucht das MittelmaĂŸ derselben zu Ă¼bertĂ¼nchen.

Wenig hilfreich sind die Erklärungen aus den Reihen der Stadtvertreter, dass die Gäste aus Kappelns italienischer Partnerstadt Merate die Heringstage in den „buntesten Farben“ gelobt hätten. Wer je Besucher eines italienisches Stadtfestes, „una festa italiana“, gewesen ist, kann sich solch enthusiastische Kommentare nur schwerlich vorstellen. Die Italiener mit ihrer wunderbaren KĂ¼che und den vorzĂ¼glichen Weinen outen sich als Liebhaber von Wurst und Bier. Ich denke, dass sollte man unter „Reisediplomatie“ abhaken und nicht Ă¼berbewerten.

Ein neues Gesamtkonzept muss her und zwar „mehr Qualität statt Masse“, so denn bezahlbar. Nicht konform gehe ich mit der Aussage von Volker Nissen, der das vermehrte Auftreten der so genannten „Jogginghosenträger“ monierte. Ich empfehle Herrn Nissen doch einmal den Besuch der Kieler Woche oder sonstiger kleinerer und grĂ¶ĂŸerer StraĂŸen- und Stadtfeste in der Region. Das Publikum unterscheidet sich nicht wirklich von dem in Kappeln während der Heringstage.

„Repräsentative“ Umfragen im Freundes- und Bekanntenkreis haben ergeben, dass dies kein neues Phänomen ist, sondern schon immer so war. Auch wenn ich es selbst eher mit Johann Wolfgang von Goethe halte, der sagte, „Es ist gar nichts an einem Feste ohne wohlgeputzte, vornehme Gäste“. Es handelt sich bei den Heringstagen nicht um das „Schleswig-Holstein Musik Festival“. Dort trifft man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine andere Klientel.

Die Kappelner Heringstage sind  –  laut Wikipedia -  ein Volksfest an der Schlei. Der Ausdruck Volk bedeutet „viele“. Volk bezeichnet also sprachlich eine groĂŸe Anzahl Individuen, die durch gemeinsame Merkmale verbunden sind. Und wenn das gemeinsame Merkmal der so gegeiĂŸelte „Jogginganzug“ ist, dann sollte man das akzeptieren. Im Ăœbrigen bringen auch die „Jogginganzugträger“ Geld nach Kappeln. Merke: Auch der Dompfaff dĂ¼ngt den Acker!

Viel wichtiger als die Frage nach dem „Outfit“ der Heringstagesucher ist fĂ¼r mich die Frage nach dem „Wie soll es weitergehen mit den Heringstagen, bzw. was können „wir“ anders machen“?

Wenig dienlich ist meiner Ansicht nach der Ruf nach einem neuen Gremium, bestehend aus Politik, Verwaltung und dem WTK-GeschäftsfĂ¼hrer Bernd-Uwe Boettcher. Welchen Platz in diesem Gremium sollen die Kaufleute dieser Stadt besetzen?  

Ich zitiere nachfolgend den „Schlei Boten“: „Durch dieses Gremium (ohne die Kaufleute?) soll alles besser werden, dann nehmen wir Einfluss und geben Herrn Boettcher keine freie Hand mehr“, so Dittmer Heil“.

Wenig dienlich deshalb, weil Bernd-Uwe Boettcher auf Nachfrage des „Schlei Boten“ erklärte, dass er zwar bereit sei, Vorschläge umzusetzen, aber die Fäden mĂ¼ssten nach wie vor bei ihm zusammenlaufen.

Ich zitiere noch einmal den Schlei Boten: Bernd-Uwe Boettcher: „Wenn Herr Heil glaubt, er bildet ein Gremium und ich bin deren ausfĂ¼hrender Lakai, dann hat er sich getäuscht“.

Nach diesen Aussagen wage ich zu bezweifeln, dass sich irgendetwas ändern wird  solange Einzelpersonen dem Anschein nach das „Heringstage-Organisationszepter“ in der Hand halten.

Schade eigentlich!
Andrea KĂ¼hn

 

 


  Datum: 25.06.07 17:10 Uhr



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